Wehlburg

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Das Hauptgebäude der Wehlburg im Museumsdorf Cloppenburg, 2018
Rückwärtige Giebelseite des Haupthauses
Traufseite des Haupthauses
Torscheune hofinnenseitig

Die Wehlburg ist ein ab 1750 auf einer abgegangenen Burgstelle in Wehdel erbautes Gehöft, das 1972 in das Museumsdorf Cloppenburg transloziert wurde. Es besteht aus einem Hauptgebäude in Form eines Hallenhauses und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden. In der Literatur wird das Haupthaus der Wehlburg gelegentlich als eines der schönsten Bauernhäuser Deutschlands bezeichnet.[1][2]

Die Hofanlage Wehlburg besteht aus einem Hallenhaus von 1750 als Hauptgebäude, der Torscheune von 1760, dem Backhaus von 1761, dem Schweinestall mit Remise von 1870, der Getreide- und Dreschscheune von 1888, der Remise von 1888 sowie dem Holzschuppen und der Toilette von 1900. Die Gebäude bilden einen für die Region typischen quadratischen Innenhof. Das Hauptgebäude war ein Erbhof und entstand nach Artländer Art in Wehdel.[3] Zur Zeit der Bauerrichtung des Hauptgebäudes gehörte das Artland zum Hochstift Osnabrück, einem reichsunmittelbaren Territorium des Heiligen Römischen Reiches. Im Artland gab es damals einen eigenständigen und wohlhabenden Bauernstand.

Die Wehlburg erhielt ihren Namen nach ihren Erbauern, bei denen es sich laut der Giebelinschrift von 1750 um Henrich Wehlborg und seine Frau Maria, geb. Queckemeyers handelte. Sie trugen ihren Namen in Anlehnung an die mittelalterliche Burg Wehlburg (Wehdel-Borg) in Wehdel. Die Ergebnisse der Ausgrabung auf dem dortigen Burgplatz datieren die ursprüngliche Burg in das Ende des 13. Jahrhunderts.[4] Am Ende des 14. Jahrhunderts erwarben die Herren von Dincklage die Burg. Jedoch schon 1404 verkaufte Jutta von Dincklage die Burg an Otto von Bokraden. 1444 erwarb die Bauernfamilie Raderd die Burganlage, schliff die Burg und planierte den Burgplatz. Als Ersatz ließ sie an anderer Stelle einen großen Hof errichten. Bald wurden die neuen Besitzer Wehdelborger oder Wehlburger genannt. Die wüste Burgstelle war eine Erhöhung ähnlich einer Wurt, die von einem durch das Gewässer Wrau gespeisten Wassergraben umgeben war.

Auf der einstigen Burgstelle errichtete der Zimmermeister Hermann Wehage 1750 das Hauptgebäude der Wehlburg in einem Bauwettstreit um den repräsentativsten Giebel. Dies geschah in Konkurrenz zum Zimmermeister Gerdt Rantze, dem Erbauer des benachbarten Wohnungerhofes, der heute Hof Berner heißt. Bei dem Wettstreit, in dem es auch um die holzreichste Verzimmerung ging, errangen die Bauherren der Wehlburg den Sieg.[5] Der Wettstreit war nur mündlich überliefert, wurde aber durch die Feststellungen bei der Umsetzung des Gebäudes 1972 bestätigt.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts waren Besitzungen wie die Wehlburg umfangreiche Wirtschaftskomplexe und dominante Unternehmenseinheiten ihrer Zeit.[6]

Im Jahr 1970 wurde die Wehlburg von der Stiftung Museumsdorf Cloppenburg erworben[7] und von 1972 bis 1975 in das Museumsdorf transloziert.[8] Beim Aufbau stürzte das Hauptgebäude am 13. November 1972 durch den Orkan Quimburga bis auf das Kammerfach (Wohnbereich des Hauses) ein. Unmittelbar danach wurde es wiederaufgebaut.[9][10]

Die letzte Restaurierung der Wehlburg fand 2017 statt.[11]

Architektur und Bedeutung

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Hoftor, 2017

Das Hauptgebäude der Wehlburg ist ein Hallenhaus in der Ausprägung als Zweiständerhaus mit angedeuteten Kübbungen.[12] Der Bau wurde 1750 begonnen und 1752 fertiggestellt. Er ist 14 Meter breit und 36 Meter lang. Die Errichtung kostete 3500 Reichstaler, was dem Wert von 100 Pferden entsprach. Besonders ausgezeichnet wird es durch seinen vierfach überkragenden Fachwerkgiebel,[13] bei dem die Stiele noch nach gotischer Fachwerkteilung übereinandergesetzt sind.[14] Hinter den vorspringenden vier Stockwerken liegt ein großer Dachraum; der Giebel zeigt eine von unten nach oben von sechs auf drei zurückgehende Zahl von Ziegelgefachen.[15]

Die Wehlburg ist laut Museumsdirektor Helmut Ottenjann der „Höhepunkt ländlicher Profanbaukunst Niederdeutschlands“[16] und gilt als „Beispiel par excellence für das niederdeutsche Fachwerkhallenhaus“[17] und als „Krönung der Artländer Bauernhauslandschaft“, der die neuere Hausforschung „eine überregionale Bedeutung“ bescheinigt.[18]

In der Fachwerk-Baukultur bildet die Wehlburg den ländlichen Gegenpol der niederdeutschen Hauslandschaft zum städtischen, hochgestreckten Knochenhaueramtshaus in Hildesheim.[19] In der Brockhaus Enzyklopädie wird die Wehlburg bildlich als Beispiel gezeigt für niedersächsischen Fachwerkbau, an dem im ländlichen Bereich noch sehr viel länger als in den Städten festgehalten wurde.[20]

Im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und im Bersenbrücker Museum im Kloster[21] befinden sich detailgetreue Wehlburg-Modelle im Maßstab 1:20, die der Artländer Künstler Karl Allöder um 1930 geschaffen hat.[22]

  • Helmut Ottenjann (Hrsg.): Die Artländer Wehlburg. Ein Beitrag zur Siedlungsarchäologie und Volkskunde des Osnabrücker Nordlandes, Vorbericht. Cloppenburg 1975.
  • Christoph Reinders-Düselder: Die Wehlburg: Haus- und Sachgutdokumentation im Museumsdorf. In: Uwe Meiners: 75 Jahre Heimatmuseum – Museumsdorf – Niedersächsisches Freilichtmuseum in Cloppenburg. Stiftung Museumsdorf Cloppenburg, 1997, ISBN 3-923675-68-2, S. 54–58, 143–144.
  • Hermann Kaiser, Helmut Ottenjahn: Museumsdorf Cloppenburg. Niedersächsisches Freilichtmuseum. Cloppenburg 1998, ISBN 3-923-695-14-3, S. 16–31.
  • Laura Endrizzi: Das Flett der Hofanlage Wehlburg. Museumsdorf Cloppenburg. Hausarbeit (Hauptseminar) an der Universität Vechta, Institut für Geistes- und Kulturwissenschaften, Abteilung für Kulturgeschichte und vergleichende Landesforschung, 2011. ISBN 9783656941866. Teil-Digitalisat, abgerufen am 28. Juni 2021.
  • Dieter Zoller: Abschlußgrabung auf der Wehlburg und dem Wehlburghof, Bauerschaft Wehdel, Kreis Osnabrück. In: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte. Band 43, 1974, S. 208 f.
Commons: Wehlburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Harald Busch: Land der Niedersachsen. (= Die deutschen Lande. Band 10). 5. Auflage. Umschau Verlag, Frankfurt am Main 1956, S. 92, Zitat: "Wehlburg (1759) bei Badbergen, wohl das schönste altdeutsche Bauernhaus, das uns erhalten blieb". (8. Auflage, 1973, ISBN 3-524-00010-X)
  2. Hans Pusen: Der Norden und die Hansestädte Bremen und Hamburg. (= Bibliothek Deutsche Landeskunde / Abteilung Landeskunde Nord- und Westdeutschland). Glock und Lutz, Heroldsberg 1973, Zitat: "Wehlburg in Wehdel, die als das schönste Bauernhaus Norddeutschlands bezeichnet wird".
  3. Arnold Beuke: Das Museum im Kloster Bersenbrück. Kloster - Amtssitz - Kreismuseum. Verlag Florian Isensee, 2020, ISBN 978-3-7308-1695-0, S. 38.
  4. Eintrag von Stefan Eismann zu Wehlburg in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts, abgerufen am 22. Juli 2021.
  5. Giebeltour im Artland. Kulturschatz Artland, hrsg. vom Badberger Heimatverein, S. 36.
  6. Helge Bei der Wieden: Die Ausstrahlung der Reformation - Beiträge zu Kirche und Alltag in Nordwestdeutschland. V & R Unipress, 2011, ISBN 978-3-89971-814-0, S. 195.
  7. Weltkunst, Nr. 17, München, 1975.
  8. Heinrich Böning: Das Artland. Sutton, 2011, ISBN 978-3-86680-845-4, S. 27.
  9. Sturm mit Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h. Bisher 54 Tote durch Orkan in Westeuropa. In: Oldenburgische Volkszeitung. Nr. 266, 14. November 1972. Vechta.
  10. Reiner Kramer: Naturkatastrophe. Sturm zerstörte wertvolle Wehlburg. In: www.nwzonline.de. Nordwest Zeitung (Online-Ausgabe), 10. November 2012, abgerufen am 28. Juni 2021.
  11. Projekt Restauration der Wehlburg. In: schraad-bau.de. Schraad Bau GmbH, abgerufen am 28. Juni 2021.
  12. Heinz Ellenberg: Bauernhaus und Landschaft in ökologischer und historischer Sicht. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1990, ISBN 3-8001-3087-4.
  13. Dirk Baumgart: Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz im Lichte der Eigentumsgarantie. (= Europäische Hochschulschriften Recht. Band 4974). Peter Lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften, 2010, ISBN 978-3-631-59603-6.
  14. Hans Luxner: Fachwerk-Häuser. hrsg. v. Reinhard Welz. Vermittlerverlag, Mannheim 2005, ISBN 3-86656-127-X.
  15. Arnold Beuke: Das Museum im Kloster Bersenbrück. Kloster - Amtssitz - Kreismuseum. Verlag Florian Isensee, 2020, ISBN 978-3-7308-1695-0, S. 38.
  16. Helmut Ottenjann, Fotos von Helmut Tecklenburg: Alte Bauernhäuser zwischen Weser und Ems. Verlag Schuster, Leer 1979, ISBN 3-7963-0184-3, S. 3.
  17. Dirk Baumgart: Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz im Lichte der Eigentumsgarantie. (= Europäische Hochschulschriften Recht. Band 4974). Peter Lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften, 2010, ISBN 978-3-631-59603-6, S. 267.
  18. Herbert Saas, Heinrich Böning, Gerhard Hülskämper, Franz Buitmann: Unser Bersenbrücker Land. Hrsg. vom Kreisheimatbund Bersenbrück e.V. mit Unterstützung der Kreissparkasse Bersenbrück. 2. Auflage. 1992, ISBN 3-921176-58-1.
  19. Hans Luxner: Fachwerk-Häuser. hrsg. v. Reinhard Welz. Vermittlerverlag, Mannheim 2005, ISBN 3-86656-127-X.
  20. Brockhaus Enzyklopädie. Bd. 7, 1996, S. 59.
  21. Heinrich Böning: Kunstführer Bersenbrücker Land. 1. Auflage. Verlag Thoben, 1976, ISBN 3-921176-28-X, S. 153.
  22. Arnold Beuke: Das Museum im Kloster Bersenbrück. Kloster - Amtssitz - Kreismuseum. Verlag Florian Isensee, 2020, ISBN 978-3-7308-1695-0, S. 41 u. 42.

Koordinaten: 52° 50′ 56,9″ N, 8° 3′ 26,1″ O